Dieses Datenset beinhaltet die anonymisierten Transkripte der Interviews, welche innerhalb des Jugendverbandsprojekts geführt wurden.
Projektbeschreibung
Familie, Schule, Medien und Peers sind oft Gegenstand der Ungleichheitsforschung. Doch auch die scheinbare sozialisatorische Nische ‚Jugendverband‘ zeigt sich bei näherem Hinsehen als breites Feld: Jugendverbände organisieren über 40% der Jugendlichen in Deutschland und 22% der Jugendlichen übernehmen ein Ehrenamt. Jugendverbände stellen einen bedeutsamen Teil non-formaler Bildungssettings dar. Die Engagementforschung zeigt, dass in non-formalen Settings umfangreiche Kompetenzen erworben werden können, die auch Auswirkungen auf den formalen Bildungsverlauf haben. Auch wenn Jugendverbände formal allen Jugendlichen und jungen Erwachsenen gleichermaßen zugänglich sind, werden sie ungleich genutzt und reproduzieren so auch soziale Ungleichheit – eine nur formale Gleichheit bei informeller Ungleichheit. Offen ist allerdings, wie diese Ein- und Ausschließungsprozesse verlaufen.
Unsere These ist, dass es ‚verbandstypische Orientierungen‘ gibt, die bestimmten sozialen Gruppen näher stehen und wodurch andere Gruppen tendenziell ausgeschlossen werden. Diese sollen in einem ersten Schritt anhand von unterschiedlichen Jugendverbänden herausgearbeitet werden.
Des Weiteren besteht die Annahme, dass ältere Jugendliche und Erwachsene in Jugendverbänden ähnliche Einflüsse auf die Einübung und Einführung in bestimmte Verhaltensweisen und Werteorientierungen haben können wie das Elternhaus. Demnach würden Jugendliche profitieren von Erwachsenen, die unbemerkt und oft unabsichtlich als ‚Zieh-Eltern‘ in ihr Leben treten. Uns interessiert hierbei, inwiefern solche intergenerationalen Beziehungen eine wichtige Rolle beim Gelingen untypischer Bildungsverläufe trotz ‚riskanter‘ Ausgangslage spielen können. Jugendverbände könnten demnach einen Beitrag dazu leisten, die kulturelle Distanz zwischen Herkunftsfamilie und formellem Bildungswesen zu verringern und damit einen Rahmen darstellen, in dem speziell Jugendliche aus „schulbildungsfernen“ Milieus die Möglichkeit erhalten, einen stärker „schulbildungsaffinen Habitus“ zu erwerben und einzuüben, der ihnen also im formalen Bildungswesen zu „Erfolg“ verhilft.
Unsere Fragestellung zielt damit einerseits darauf, Selektionsprozesse in Jugendverbänden nachzuvollziehen und zu erklären und andererseits zu fragen, inwiefern Jugendverbände kompensatorisch zu Chancengerechtigkeit und gesellschaftlicher Teilhabe beitragen (können).
Forschungsdesign
Mit der Methode der Gruppenwerkstatt, einem erweiterten Gruppendiskussionsverfahren, erheben wir die ‚verbandstypischen Orientierungen‘ kontrastiv ausgewählter Jugendverbände. Diese Werkstätten mit in Verbänden engagierten Jugendlichen werden transkribiert und anschließend habitushermeneutisch ausgewertet. In einer weiteren Untersuchungsphase sollen mit Hilfe von Interviews die Förderbeziehungen innerhalb dieser Verbände untersucht werden.
Sample
Jugendverbände aus folgenden Bereichen sollen Berücksichtigung finden:
Pfadfinderinnen und Pfadfinder
Jugendverband aus der Arbeiter-Tradition
Jugendverband einer Hilfsorganisation
Jugendverband aus einer ländlich-bäuerischen Tradition
Fußballfanclub (Jugendliche in einem Zusammenschluss ohne ausgeprägte Verbandsstruktur)
Projektleitung
Prof. Dr. Anke Grotlüschen (Standort Hamburg)
Prof. Dr. Helmut Bremer (Standort Duisburg-Essen)
MitarbeiterInnen
Dr. Wibke Riekmann, Alf-Tomas Epstein (Standort Hamburg)
Mark Kleemann-Göhring (Standort Duisburg-Essen)
Laufzeit
September 2012 bis August 2015
Partner
Universität Duisburg-Essen
Jugendverbandsstudie: Fakultät Erziehungswissenschaft: Universität Hamburg
Veröffentlicht sind eine Reihe von Teilaspekten der Befunde (Bremer & Kleemann-Göhring, 2015; Epstein, 2015a, 2015b; Grotlüschen, 2017; Grotlüschen & Epstein, 2014; Kleemann-Göhring & Epstein, 2016)
{"references": ["Bremer, H. & Kleemann-G\u00f6hring, M. (2015). Jugendverb\u00e4nde als Bildungsorte im \"Feld des \u00dcbergangs\". In H. P\u00e4tzold, S. Schmidt-Lauff & H. von Felden (Hrsg.), Schriftenreihe der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft f\u00fcr Erziehungswissenschaft (DGfE). Transitionen in der Erwachsenenbildung: Gesellschaftliche, institutionelle und individuelle \u00dcberg\u00e4nge (1. Aufl., S. 289\u2013301). Verlag Barbara Budrich.", "Epstein, A.\u2011T [Alf-Tomas]. (2015a). Interessegenese bei Engagierten in Jugendverb\u00e4nden. In A. Grotl\u00fcschen & D. Zimper (Hrsg.), Alphabetisierung und Grundbildung: Bd. 11. Literalit\u00e4ts- und Grundlagenforschung (1. Aufl., S. 343\u2013354). Waxmann.", "Epstein, A.\u2011T [Alf-Tomas]. (2015b). Interessegenese, Weitergabe von Verbandserbe und F\u00f6rderprozesse in Jugendverb\u00e4nden als Beitr\u00e4ge zur \u00dcbergangsgestaltung. In H. P\u00e4tzold, S. Schmidt-Lauff & H. von Felden (Hrsg.), Schriftenreihe der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft f\u00fcr Erziehungswissenschaft (DGfE). Transitionen in der Erwachsenenbildung: Gesellschaftliche, institutionelle und individuelle \u00dcberg\u00e4nge (1. Aufl., S. 277\u2013288). Verlag Barbara Budrich.", "Grotl\u00fcschen, A. (2017). Lagerfeuer und L\u00f6schangriff, Kothe und Feldbett: \u00dcber das Lernen in Generationenfolgen ehrenamtlichen Engagements. In O. D\u00f6rner, C. Iller, H. P\u00e4tzold, J. Franz & B. Schmidt-Hertha (Hrsg.), Biografie - Lebenslauf - Generation: Perspektiven der Erwachsenenbildung (1. Aufl., S. 75\u201388). Verlag Barbara Budrich.", "Grotl\u00fcschen, A. & Epstein, A.\u2011T [Alf-Thomas] (2014). Wo die eigenen Interessen wohnen. Untersuchung zur Interessengenese. Weiterbildung(1), 16\u201319.", "Kleemann-G\u00f6hring, M. & Epstein, A.\u2011T [Alf-Tomas]. (2016). Lernort Jugendverband \u2013 Einblicke in soziale Praktiken non-formalen und informellen Lernens vor dem Hintergrund milieuspezifischer Verbandskulturen. In Bundesministerium f\u00fcr Bildung und Forschung (Hg.) - Zweite Tagung Bildungsforschung 2020 (1\u201317)."]}