Die Analyse (EPMA, LaICPMS) zahlreicher archäologisch gut datierter Gläser aus römischem und frühmittelalterlichem Kontext aus Köln und weiteren Handelsorten erweitert unsere Erkenntnisse zur Erzeugung von Gebrauchsglas im Rheinland. Die fränkischen Werkstätten im Bereich des Hafens von Köln führen die Glasverarbeitung aus römischer Zeit fort. Mit der erneuten Analyse der Gläser des Gräberfeldes Krefeld-Gellep (römisch-fränkisch), der Glaswerkstatt Hasselsweiler (fränkisch) dem Glas der Hambacher Hütten (römisch) liegen nun verbesserte umfangreiche Datensätze auch zu Spurenelementen vor. Die aus inzwischen zahlreichen Arbeiten bekannten chemischen Variationen innerhalb der einzelnen Produktionsgruppen des Soda-Kalk-Glases (SLG) können für die untersuchten archäologischen Glasbefunde weitgehend bestätigt werden. Die Produktionsgruppen werden in ihrem zeitlichen Kontext sowohl allgemein für eine große Anzahl in einer Datenbank vorhandener Analysen (n = 15 270, Stand Juni 2022), als auch für die Gläser im Rheinland, besonders Köln, vorgestellt. Dabei werden auch Kriterien genutzt, um den Anteil rezyklierten Glases in den jeweiligen Zeitabschnitten zu ermitteln. Römisches Gebrauchsglas wurde in Hambach als Massenware überwiegend aus den SLG-Typen HIMT-1 und HIMT-2 (Foy série 3.2) gefertigt, während Antimon- und Manganentfärbtes Glas (Typ »Roman«) in Kölner Werkstätten zur Erzeugung hochwertigerer Glaswaren diente. In Hambach ist der Anteil von rezykliertem Altglas recht gering, sodass davon ausgegangen werden kann, dass überwiegend Rohglas als Ausgangsmaterial verwendet wurde. Im 5./6. Jahrhundert ist der Anteil von Altglas in den Werkstätten des Kölner Hafens sehr hoch, Hasselsweiler verarbeitete wohl ausschließlich Altglas. Für das im Kölner Hafen verarbeitete Glas gibt es Anteile ohne Rezyklierungs-Anzeiger, sodass ein Warenfluss von frischem Rohglas aus der Mittelmeerregion auch für die nachrömische Zeit zu fordern ist. Dieser Warenstrom bestand für das Rheinland überwiegend aus einer Produktionsgruppe, die wir als HIMT-2 zusammenfassen. Die Glastypen HIMT-1 und die reinen Roman-(Sb-Mn) Typen verschwinden in den ersten nachrömischen Jahrhunderten relativ rasch, sind aber noch in wenigen Fällen zu beobachten. Das Levantine-1 hat nur eine untergeordnete Bedeutung für den Kölner Hafen und ist, wie HIMT-1, in nachrömischer Zeit fast ausschließlich als Glasrezyklierung bzw. als ererbtes römisches Glas zu interpretieren. Glas der Egypt-Typen tritt nur in wenigen Ausnahmefällen auf, sodass davon ausgegangen werden kann, dass dieser Produktionstyp in den Kölner Werkstätten selbst nicht verarbeitet wurde. Bis in das 9. Jahrhundert dominiert das SLG die Glaswerkstätten im Rheinland, während in Gegenden vor allem rechts des Rheines bereits erstes Holzascheglas hergestellt und verarbeitet wird. Allgemein steigt der Anteil von genutztem Altglas in karolingischer Zeit stark an. Dabei tauchen auch im Rheinland im 8./9. Jahrhundert Gläser mit Roman- oder HIMT-typischer Zusammensetzung wieder auf. Das deutet auf die beginnende Verknappung des Soda-Kalk-Glases hin, da man größere Mengen Altglas aus den antiken Ruinen bezog.